Texte: Nachkriegs-Wirtschaft
In den 50-er und anfangs der 60-er Jahre traf man noch einige Menschen, die versuchten, durch einen Handel von Haustür zu Haustür ein geringes Einkommen zu erzielen.
Der Lumpensammler fuhr bereits mit einem alten Kleinlaster durch die Straßen. Mi einer Glocke machte er auf sich aufmerksam und rief „Lumpen, Alteisen, Hasenpelz, Papier, … zahle die besten Preise dafür“.
Der Scherenschleifer hatte seinen Schleifbock auf einem Handwagen, den er laut rufend durch das Dorf zog. Messer, Scheren, Axt und Beil wurden vor Ort fachkundig geschliffen.
Der Schirmflicker war ein echtes Genie, der jeden Schirm wieder in einen brauchbaren Zustand zurück versetzen konnte. Allerdings hatte er auch Konkurrenz von unfähigen Genossen, die einen Reparaturversuch wagten oder mit dem Schirm ganz verschwanden.
Der Knoblauch-Mann aus dem Hanauerland (bei Offenburg) hatte seine Ware in einem umgehängten Sack. Er klopfte an den Haustüren (eine Klingel hatte damals kaum jemand) und pries seine Ware auf der Straße an.
Die Meerettich-Frau aus Urloffen bei Bühl lief einmal im Jahr durch das Dorf und bot ihr Produkt an. Meerettich mit Rindfleisch war nach der Suppe der nächste Gang beim Hochzeitsessen. Ob die Pflanze am Ort nicht in ausreichender Menge wuchs ist nicht bekannt.
Die Öl-Frau fuhr mit einem Ölfässchen auf einem kleinen Handwagen durch das Dorf zu ihrem Kundenkreis. Dort wurden nach Bedarf ein oder zwei Flaschen Öl abgefüllt. Natürlich funktionierte der Handel auch auf Zuruf auf der Straße.
Eine Tasche voller Kurzwaren (Wäscheklammern, Nähgarn, Seife, Spüllappen, schwarze Schuhcreme, Handbürste) stellte bei vielen Hausierern das gesamte Betriebsvermögen dar. Beim Besuch in den Haushalten wurde auch eine kleine Geldspende oder etwas Essbares erwartet.
Eine hochentwickelte Handelsform hatte eine Familie Schuhmacher aus der Eifel entwickelt. Auf einem modernen LKW war eine Wohnzelle montiert, in der man mehrere Wochen wohnen konnte. Drum herum war alles voll behängt mit Haushaltswaren (Töpfe, Pfannen, Eimer, Schüsseln, Schrubber, Besen), die von den Kunden zahlreich gekauft wurden.
Die anfangs größere Anzahl von Bettlern, die kaum eine Leistung anbieten konnten, nahm immer mehr ab. Man nannte sie „Handwerksbursche“, obwohl diese Bezeichnung eigentlich Handwerks-Gesellen auf der Walz beschreiben sollte.